Kapitel 30 - Talk unter der Piratenflagge




 Aus Talk unter der Piratenflagge, Samstag, der 05. Juli 2014, auf brockmannnews.com und YouTube (Auszüge) 

Brockmann: Einen wunderschönen Samstagabend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, wo auch immer ihr auf der Welt auch sein mögt. Hier ist wieder Matthias Brockmann mit Talk unter der Piratenflagge, Eurer Talksendung auf www.brockmannnews.com und auf YouTube. Wir verfahren nach dem Motto: Wo andere zu berichten aufhören, fangen wir an. Und das scheint mir immer beliebter zu werden. Bereits jetzt haben wir auf beiden Streams über fünftausend Betrachter, die live dabei sind. Dafür schon mal ein dickes Dankeschön vorweg. Mit mir im Studio ist wie immer Marvyn Broome in der Technik und natürlich ein Gast. Jürgen, magst du dich den Leuten dort draußen kurz vorstellen, ein paar Worte zu Werdegang und Person?

Weinheim: Zunächst einmal vielen Dank, dass ich hier sein darf. Welcher Journalist möchte nicht gerne im legendären Studio unter der Piratenflagge sitzen! Also, mein Name ist Jürgen Weinheim, ich bin neunundvierzig Jahre alt und lebe seit meiner Geburt in Berlin. Dort habe ich dann natürlich auch mein Abitur gemacht und Geschichte und Germanistik studiert. Durch ein Praktikum während der Semesterferien bei der damals noch jungen TAZ, das ich eigentlich nur aus Neugier gemacht habe, stand schnell fest, dass Journalismus das ist, was ich mein Leben lang tun möchte. Nach meinem abgeschlossenen Studium machte ich ab 1994 ein Volontariat beim Sender Freies Berlin. Ich habe sowohl im Bereich Radio als auch für diverse Zeitungen gearbeitet, darunter Die Zeit und Der Spiegel und tue das auch noch bis heute. Ein paar von Euch kennen mich vielleicht als Moderator der Sendung Nachtschiff auf Radio Metro. Ich bin also, um es auf den Punkt zu bringen, freier Journalist. Neben der Arbeit als Freelancer betreibe ich einen eigenen Blog, wo ich mich auf Geschichten fokussiere, die meiner Meinung nach nicht ausreichend sowohl von Behörden als auch der Zunft der Journalisten behandelt und bewertet werden und voller offener Fragen sind. Aber im Moment schaue ich neben meiner Tätigkeit auch viel Fußball. 

Brockmann: Wer tut das nicht. Mats Hummels Kopf und das 1:0 gegen Frankreich. Jetzt sind wir im Halbfinale, wo der Gastgeber Brasilien wartet. Was meinst du, Jürgen, geht die Reise weiter? 

Weinheim: Da bin ich von überzeugt. Natürlich hat Brasilien den Heimvorteil, aber ich sehe bei dem Turnier die beste deutsche Mannschaft seit der legendären Truppe von 1990. Die Jungs sind absolut gut drauf und hochgradig motiviert. Die Brasilianer konnten mich bislang nicht wirklich überzeugen. Ich finde auch, dass die irgendwie ein seltsames Team haben. Daher, Endspiel, Mattes! 

Weinheim: Dem schließe ich mich doch gerne an. Kommen wir nun zurück zu deiner Arbeit. Du sprachst gerade von offenen Fragen. Meinst du damit sowas wie 9/11 oder JFK? 

Weinheim: Ach, nein. Besser nicht. Sicherlich gibt es da viele offene Fragen, aber erstmal sind solche Sachen dann doch eine Etage zu hoch und zudem noch jenseits des großen Teiches und weiterhin tummeln sich da unglaublich viele Verschwörungstheoretiker, die beim seriösen Herangehen an die offenen Fragen ziemlich nerven und zudem die seriös arbeitenden Journalisten in Misskredit bringen. Es existieren im alltäglichen Leben genug Fälle, wo man sich beim genaueren Hinsehen fragt: Hey, was geht hier eigentlich ab? 

Brockmann: Und von solchen Fällen hast du uns heute drei mitgebracht, die du uns nun vorstellen willst und eventuell hoffst, dass es durch Hinweise unserer Zuschauer mehr Licht gibt. 

Weinheim: Genau. Es sind Fälle, wo es ganz normale Menschen trifft und bei deren Aufklärung Behörden und Journalisten gleichermaßen katastrophal versagt haben, aus welchen Gründen auch immer das geschehen ist. Da müssen nicht immer geheime, bösartige Mächte dahinterstecken, wie es im Netz ja immer so schnell behauptet wird und was mich ziemlich abfuckt, um es mal salopp zu sagen. Dieses hinter jeder Ecke eine Verschwörung sehen. Sicherlich, es gibt Verschwörungen, keine Frage, aber in den meisten Fällen stecken ganz andere Sachen dahinter. So können es zum Beispiel durchaus mal ein gekränktes Ego wegen einer übersprungenen Beförderung oder Alkoholprobleme sein, warum Ermittlungen verschleppt werden oder in gänzlich andere Richtungen verlaufen. So habe ich es bereits erlebt, dass eine ganze Abteilung entsetzlich gearbeitet hat, weil sie ihren Chef einfach nicht mochten und ihn loswerden wollten. Denn am Ende muss der Chef ja für die Untergebenen den Kopf hinhalten. 

Brockmann: Krasse Wurst! Ich glaube, den Artikel von dir dazu habe ich gelesen. Das war in Hamburg, nicht? 

Weinheim: Richtig. Bei der Kripo, genauer gesagt, bei der Sitte. Weil sie ihren Chef nicht mochten, da er angeblich ein Erbsenzähler gewesen sei, haben die werten Damen und Herren die Ermittlungen gegen einen Verdächtigen im Rahmen einer Vergewaltigung schleifen lassen. Dann hat der Verdächtige eine weitere Frau vergewaltigt und dabei fast ermordet. Nach dieser entsetzlichen Tat wurden Auskünfte kaum erteilt von Seiten der Polizei. Natürlich rauschte es da durch die rechtspopulistischen Alternativmedien, dass die Regierung persönlich dahinterstecke, um Identität und Herkunft des Täters zu verschweigen, damit die Willkommenskultur nicht gestört werde. Der linksgrün versiffte Staat wolle da was verschweigen. Es sei alles Teil einer unglaublichen Verschwörung zur Ausrottung des deutschen Volkes. Tja, eine Verschwörung gab es tatsächlich, nur hat die sich die nicht gegen das deutsche Volk gerichtet, sondern war eine besonders perfide Form des Mobbings gegen einen Vorgesetzten, der sich zu sehr an die Vorschriften geklammert hat. 

Brockmann: Du hast damals als einer der wenigen in dieser Sache recherchiert und bist hartnäckig am Ball geblieben. Hat das die anderen Anbieter und Verbreiter von Medien in diesem Lande nicht interessiert?

Weinheim: Anscheinend nicht. Unterstützung habe ich keine erfahren und veröffentlichen wollte meine Story auch niemand. Erst als die Sache auf meinem Blog ruckzuck einhunderttausend Aufrufe gehabt hat, haben mich ein kleiner Hamburger Radiosender und eine kleine unabhängige Zeitung aus Schleswig Holstein kontaktiert, um mit mir über diesen unglaublichen Skandal zu reden. Auch das TAZ hat sich gemeldet. Aber ansonsten herrschte das große Schweigen vor. Ich habe versucht, diese Story bei vielen großen Medien unterzubringen und jedes Mal kommentarlose Absagen erhalten. Ein alter Freund von mir arbeitet bei einem großen Hamburger Medienhaus. Er wollte darüber recherchieren und ihm wurde klar gesagt, dass das doch niemand lesen wolle und er sich besser um andere Dinge kümmern solle. 

Brockmann: Was meinst du, Jürgen, woher rührt dieses große Schweigen und das Desinteresse?

Weinheim: Wenn du jetzt hören willst, dass finstere Geheimbünde dahinterstecken oder ehemalige Verbindungsstudenten, die allesamt in führenden Positionen hocken und sich so gegenseitig schützen, muss ich dich enttäuschen. Denn ich weiß es nicht. Dafür müsste ich in dieser Richtung erstmal recherchieren. Ich habe nur Vermutungen, die ich nicht beweisen kann. 

Brockmann: Okay, dann kommen wir mal zu den aktuellen drei Geschichten, die du uns mitgebracht hast. 

Weinheim: Im ersten Fall, wir sprachen ja vorhin über Fußball, Weltmeisterschaft und die legendäre Truppe von 1990. In dieses Jahr gehen wir nun zurück, machen eine kleine Reise hinein in die Zeit kurz nach dem Finale in Rom, obgleich wir nicht in Rom sind, sondern auf der schönen Insel Lanzarote, die bekanntlich zu Spanien gehört. Was sich allerdings am Montag, den 09. Juli 1990 in den Bergen der Insel ereignete, war ganz und gar nicht schön. Eine fünfköpfige Familie aus Bielefeld verunglückte mit ihrem Leihwagen, wobei alle ums Leben kamen. Sie starben, weil ein großer, dunkler Geländewagen sie von der Straße abdrängte. Ein schwedisches Paar, das in den Bergen mit Rucksäcken unterwegs war, hat diesen Vorgang beobachtet und später ausgesagt, dass das volle Absicht gewesen wäre. Sie konnten den Wagen, der sich nach dem Abdrängen aus dem Staub gemacht hat, ziemlich gut beschreiben. Mit Hugo Estrugo Ortega übernahm - ich habe mich mit ihm unterhalten - ein sehr fähiger Kriminalbeamter den Fall. Eigentlich, so müssten man meinen, eine klare Sache, die rasch aufgeklärt werden sollte. 

Brockmann: Aber dann kam alles anders. 

Weinheim: Das kannst du laut sagen, mein Bester. Kommissar Ortega ermittelte sehr genau und sehr nachdrücklich. Er bekam schnell heraus, dass der Wagen von einer rechtsextremen Vereinigung häufig genutzt wurde und ermittelte auch den Fahrer, einen gewissen Ramon Leal. Ramon Leal war damals ein ziemlich bekannter Rechtsradikaler in Spanien, der viele Vorstrafen wie Körperverletzung und Handel mit Betäubungsmittel auf dem Kerbholz hatte. Doch als Ortega Leal festnehmen und verhören wollte, wurde er von höchster Stelle zurückgepfiffen. Ihm wurde gesagt, dass Ramon Leal ihn nicht zu interessieren habe. Ramon Leal sei beim Inlandsgeheimdienst unentbehrlich im Kampf gegen die ETA. Er, also Ortega, habe ihn in Ruhe zu lassen und sich nicht um ihn zu kümmern. 

Brockmann: Ich bin mir nicht sicher, ob alle Menschen dort draußen wissen, was die ETA ist. Kannst du es bitte vielleicht mal kurz unseren Zuschauern erklären, Jürgen. 

Weinheim: Natürlich. Die ETA ist eine marxistisch-leninistische Untergrundorganisation, die für ein unabhängiges Baskenland kämpft. Das Baskenland liegt sowohl in Teilen Spaniens als auch Frankreichs. Heute ist es recht ruhig geworden um die ETA, aber damals haben die heftige Terroranschläge verübt, um ihre Ziele zu erreichen. Anfang der 1990er-Jahre jedenfalls war der Kampf einiger Behörden in der Hauptstadt Madrid wohl so heftig, dass sie einen Rechtsradikalen, der die ETA gehasst und den Kampf gegen sie aus dem Untergrund geführt hat, lieber gedeckt haben, als es zu ermöglichen, dass er von der Polizei vernommen wird. Denn dieser Leal war ja hochgradig verdächtig, eine deutsche Familie mit seinem Geländewagen in den Abgrund und damit in den Tod gedrängt zu haben. 

Brockmann: Die Sache hört sich zunächst ja ziemlich wirr an. Da schiebt ein spanischer Rechtsextremist auf Lanzarote eine Touristenfamilie in den Tod und wird im Anschluss von hoher Stelle gedeckt, weil er bei den Nachrichtendiensten eine wichtige Rolle spielt. Warum hat dieser Leal die Familie Trautmann ermordet? Waren die der Sache der ETA nah und haben in Spanien Anschläge geplant? 

Weinheim: Nein. Diese Familie hat überhaupt nichts mit der ETA zu tun. Sowohl Ortega als auch ich haben in die Richtung ermittelt und dabei nichts ans Tageslicht gefördert. Die haben nicht mal Leute gekannt, die dann wiederum Leute gekannt haben, die ihrerseits welche gekannt haben, die vielleicht mit der ETA sympathisiert haben. Und das Verbot, den Nazi Leal nicht anzurühren, war noch längst nicht alles. Kommissar Ortega wurde strikt untersagt, über die Sache mit Leal und dem Inlandgeheimdienst zu sprechen. Ihm wurde sogar angedroht, dass er alles verliere, wenn er das täte. Und so wurde der Fall dann trotzt teilweise erheblicher Proteste sowohl aus Deutschland als auch aus Spanien als Unfall mit Fahrerflucht zu den Akten gelegt. Erst letztes Jahr, also drei Jahre nach seiner Pensionierung, hat Ortega dieses Schweigen gebrochen und unter anderem mit den Angehörigen der Familie Trautmann gesprochen. Sein Gewissen, so sagte er mir, habe ihn dazu gezwungen und es sei ihm nicht länger möglich gewesen zu schweigen. 

Brockmann: Und jetzt wird die Sache erst richtig seltsam, wenn nicht sogar unheimlich. 

Weinheim: In der Tat. Der Bruder der Verunglückten Frau Trautmann hat mit seinem Sohn eine  Privatdetektei auf die Sache angesetzt. Der Sohn kann sich das leisten, weil er im Westerwald eine gutgehende Firma führt. Der in Spanien ermittelnde Angestellte dieser Detektei ist spurlos verschwunden. Niemand weiß, wo er ist. Kurz darauf hat die Detektei sich mit sehr schwammigen Gründen bei ihrem Auftraggeber aus dem Fall zurückgezogen. Zuvor hatten die Angehörigen juristisch versucht, den Fall neu aufzurollen. Keine Chance, da haben sie in Deutschland und Spanien auf Granit gebissen, obwohl wirklich gute Anwälte für sie am Werk gewesen waren.

Brockmann: Hier unter der Piratenflagge habe ich schon so einiges wirklich Merkwürdiges zu hören bekommen, aber diese Geschichte ist definitiv ganz vorne in der Spitzengruppe mit dabei. Fassen wir es kurz zusammen: Im Jahre 1990 wird eine deutsche Familie auf der Insel Lanzarote durch einen Geländewagen, wir müssen es einfach so nennen, ermordet. Dieser Mord ist eindeutig von glaubwürdigen Zeugen belegt. Die Ermittlungen der Polizei gegen den Hauptverdächtigen, einem vorbestraften Neonazi, werden mit Hinweis auf die Nachrichtendienste und deren Kampf gegen die ETA  von höchster Stelle unterbunden. Nun, vierundzwanzig Jahre später, werden ebenfalls sämtliche Versuche, Licht ins Geschehen zu bringen, sofort blockiert, sei es in Deutschland oder Spanien. Für mich stellt sich da die erste Frage, warum bringt ein Neonazi, der normalerweise gegen harte linke Terroristen zu Werke geht, eine Familie aus Deutschland um, indem er deren Leihwagen mit seinem Jeep in einen Abgrund schiebt? Hat diese Familie vielleicht eine dunkle Seite, ein finsteres Geheimnis gehabt, Jürgen? 

Weinheim: Da muss man natürlich als erstes dran denken und wir haben dieses Thema vorhin ja kurz angerissen in Zusammenhang mit der ETA. Aber die deutsche Polizei hat selbstverständlich genau wie in Spanien Kommissar Ortega in dieser Richtung ermittelt. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Familie Trautmann in irgendwelche zwielichtigen Machenschaften verwickelt gewesen sein könnte. Sie ist eine Familie aus der oberen Mittelschicht gewesen, die Mutter Zahnärztin, der Vater Lehrer an einem Gymnasium und nebenbei noch recht erfolgreich im Handel mit alten Büchern. Die haben sicherlich keine illegalen Geschäfte gebraucht, um über die Runden kommen zu können. Auch ich habe eingehend in diese Richtung recherchiert, habe mit Angehörigen und Freunden gesprochen. Da gibt es nicht mal ansatzweise irgendwelche Hinweise, die auf illegale Sachen hindeuten.

Brockmann: Was meinst du, warum ist passiert, was passiert ist?

Weinheim: Ich kann es nicht beweisen, aber ich denke, dass die Familie Trautmann Opfer einer Verwechslung geworden ist. Es kommt ja immer wieder mal vor, dass in der schemenhaften Welt der Nachrichtendienste Unbeteiligte durch Fehler und Inkompetenz zu Schaden kommen oder in Sachen hineingezogen werden, mit denen sie nichts zu tun haben. Und deshalb wird bis jetzt so rigoros vertuscht, weil diese Verwechselung eine derartige Katastrophe war, dass bei einer Aufklärung bis heute sehr hohe Persönlichkeiten sich dafür verantworten müssten. Denn sehr hohe Stellen müssen involviert sein, wenn fast ein Vierteljahrhunderte so erfolgreich gegen Ermittlungen und Nachforschungen gemauert wird. Doch, wie gesagt, das kann ich nicht beweisen. Vielleicht schaut ja dort draußen irgendwer zu und hat Informationen zur Hand zum Beispiel über die Familie Trautmann, die bislang unwichtig erschienen sind, im Kontext des eben gerade Berichteten plötzlich jedoch sehr wichtig werden. Wenn dem so ist, dann meldet euch gerne über das Kontaktformular meines Blogs bei mir. Ich werde jedem seriösen Hinweis nachgehen (...)