Kapitel 1 - Zwei Artikel (Roter Stern)

 




Experiment - Ich weiß noch nicht genau, wie es nachher aussehen wird, aber mir steht der Kopf nach einer Science-Fiction-Erzählung in Form von Nachrichten, Tagebucheinträgen und Briefen in virtueller und analoger Form. Die Handlung soll sich über viele Jahrhunderte erstrecken und ein Exoplanet steht im Mittelpunkt. Und somit fange ich einfach mal an... 


30.04.2024 - James Webb Teleskop belegt Dimethylsulfid (online Artikel)

Was Wissenschaftler bereits seit dem letzten Spätsommer vermuteten, ist nun Gewissheit. Die Atmosphäre des Planeten Singer C2, welcher in 10,2 Lichtjahren Entfernung um einen Roten Zwerg kreist, enthält Dimethylsulfid. Die organische Verbindung wird vor allem von Phytoplankton in den Ozeanen gebildet und ist somit der fast sichere Beweis für Leben auf einem extraterrestrischen Himmelskörper. Auf der Erde steht dieses pflanzliche Plankton am Beginn der Nahrungskette und ist somit der Schlüssel für die Existenz höherwertigen Lebens. Der Beweis ging aus einer Spektralanalyse der Atmosphäre von Singer C2 hervor, welche die hochempfindlichen Geräte des Teleskopes auch über größte Entfernungen durchführen können. Obgleich das Ergebnis keine wirkliche Überraschung war, ist die erste Begeisterung über dieses grenzenlos. Dazu sagte der deutsche Wissenschaftler Professor Marco Sauter, der in leitender Position für die NASA arbeitet und das James Webb Teleskop mit betreut, gegenüber der Wassermann-Medien-Gruppe:

"Natürlich waren wir uns sehr, sehr sicher, dass es Leben, in welcher Form auch immer dieses sein mag, auf anderen Welten gibt. Aber natürlich sind wir aufgrund des nun erbrachten Beweises dessen überglücklich, begeistert und voller Euphorie. Das kann man in etwa mit dem Abitur vergleichen. Wenn man in die Oberstufe geht ab der Klasse 11, dann ist man sich in der Regel ziemlich sicher, dass man das Abitur besteht, jedenfalls wenn man halbwegs mitarbeitet und den nötigen Grips besitzt. Doch wenn man dann im Rahmen der feierlichen Zeremonie in Form des Zeugnisses vom Schuldirektor die Gewissheit über die bestandene Reifeprüfung erhält, dann ist das noch mal ganz etwas anderes. Danach ist man, jedenfalls war das bei mir der Fall, gelöst und man fühlt sich wie ein anderer Mensch, als stünde man an der Schwelle hinein in eine völlig neue Welt. Danach habe ich mit meinen guten Freunden drei Tage durchgefeiert. Und genau das werde ich auch jetzt tun."

Über Aussehen und Entwicklungsstufe des Lebens können die Wissenschaftler keine Aussage machen. Hier ist von einzelligem Plankton bis hin zu komplexeren Lebensformen alles möglich. Dass Singer C2 um einen Roten Zwerg kreist, erhöht allerdings die Wahrscheinlichkeit höherer Organismen. Sterne dieser Spektralklasse besitzen eine wesentlich längere Lebensdauer als etwa unsere Sonne, was bedeutet, dass der Entwicklung von Leben ein deutlich breiterer Spielraum bleibt. Ausschließen jedenfalls können die Wissenschaftler, dass sich auf dem Exoplaneten intelligente Lebewesen befinden, welche sich in etwa auf der Stufe der Menschheit seit der Industrialisierung befinden. So fehlen in der Atmosphäre Spuren von Fluorchlorkohlenwasserstoff, Halons, Vollfluorierte Kohlenwasserstoffe, Teilfluorierte Kohlenwasserstoffe sowie Schwefelhexafluorid, welches allesamt Stoffe sind, die vom Menschen infolge von zumeist industriellen Prozessen erzeugt werden. Doch dass diese Spuren fehlen, bedeutet nicht, dass sich eine mögliche Intelligenz, wie wir sie definieren, beispielsweise auf dem Stand des Mittelalters befindet oder dass gar kein intelligentes Leben, welches dem Menschen gleicht, vorhanden ist. So könnte es durchaus sein, dass eine Zivilisation uns bereits derart weit voraus ist, dass sie diese Spuren nicht mehr produziert und auch keine Radiowellen mehr ins All abgibt, weil sie bereits wesentlich komplexere Methoden der Übertragung nutzt. Doch wie tatsächlich das Leben auf Singer C2 aussieht, wird Spekulation bleiben, wie auch Professor Sauter weiß und die Gründe dafür erklärt:

"Wir wissen nur, dass es biologisches Leben auf diesem Planeten gibt, Wie dieses aussieht, ob es lediglich Plankton ist oder ob dort eine High End-Zivilisation haust, werden wir leider nicht beantworten können. Um Antworten auf solche Fragen zu finden, müssten wir diesen Planeten besuchen. Und das wird in näherer und wahrscheinlich auch in etwas fernerer Zukunft sicherlich nicht der Fall sein. Singer C2 liegt 10,2 Lichtjahre von uns entfernt. Die Distanz ist wirklich gewaltig und nicht überwindbar."

So bleibt es endlich wohl der menschlichen Fantasie überlassen, wie auf dem ersten Exoplaneten, auf dem es nachgewiesen wurde, das Leben aussehen könnte. Und vielleicht ist es gerade das, was diese Entdeckung so fantastisch und beinahe mythisch macht. Denn sicherlich lang wären unsere Gesichter, wenn wir wüssten, dass dort nur einzelliges Plankton durch die Ozeane treibt.


Freitag, 23. Februar 1990 - Lokalhistoriker und Fotograf Günther Dettmer verstorben 


Wie seine Tochter gegenüber den lokalen Medien mitteilte, ist der bekannte Lokalhistoriker und passionierte Fotograf Günther Dettmer bereits am Mittwoch im Alter von neunzig Jahren im Kreise der Familie verstorben. Viele Bielefelderinnen und Bielefelder haben in ihrem Leben sicherlich, häufig ohne davon zu wissen, eines seiner Fotos gesehen. Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Bielefelder Stadtarchivs wurden einige seiner Fotos in den lokalen Zeitungen gedruckt, wo sie zumeist der Veranschaulichung von Artikeln dienten. Auch nach seiner Pensionierung im Jahre 1965 veröffentlichte er diese weiter, besonders in der Neuen Westfälischen. Mit dem Ruhestand entdeckte Dettmer auch seine Leidenschaft für die lokale Geschichte der Stadt und deren Umgebung. Hierbei lag sein Fokus zumeist auf dem Leben der kleinen Menschen. 

Dettmer wurde 1900 in der damals noch eigenständigen Stadt Brackwede geboren. In den 20er-Jahren studierte er in Bonn Geschichte und Klassische Philologie, um nach den Studium nach Ostwestfalen zurückkehren und eine Stelle bei der Stadt Bielefeld anzutreten. Während der Zeit des Nationalsozialismus saß Dettmer wegen seiner häufig offenen Kritik an der Diktatur für insgesamt drei Monate im Gefängnis. Nach Gründung der Bundesrepublik stand der Beamte stets der SPD nahe, ohne der Partei jedoch jemals anzugehören. Regelmäßig waren seine Fotos auf Ausstellungen in der Region zu sehen, häufig zeigten sie Schnappschüsse aus dem Alltag von Arbeiterfamilien. Zudem führte Dettmer bis ins hohe Alter Fremdenführungen für die Stadt Bielefeld durch. 

Bürgermeister Eberhard David (CDU) würdigte den Verstorbenen als große lokale Persönlichkeit: "Günther Dettmer war Bielefelder mit Leib und Seele. Er hat die Stadt, ihre Bürger und die Region geliebt und sie wie kein zweiter für ein ganzes Leben lang in das Zentrum seines Schaffens gestellt. Im Namen der Stadt spreche ich der Familie unser tiefes Beileid aus. Unsere Gedanken sind in diesen Stunden bei den Angehörigen. Günther Dettmer wird uns allen sehr fehlen. Sein Tod hinterlässt eine große Lücke."

Bei einem solchen Lebenslauf war die Liebe zu Arminia Bielefeld förmlich eine Selbstverständlichkeit. Noch bis zum letzten November besuchte Dettmer Spiele auf der Alm. Mit Torhüter Wolfgang Kneib verband ihn eine Freundschaft. 

" Günther war ein Armine der ersten Stunde. Als die Arminia gegründet wurde, war er fast fünf Jahre alt. Er hat diesen Verein zwei Weltkriege überdauern sehen und dessen besten und dunkelsten Stunden miterlebt. Niemals hat seine Liebe zu Arminia geschwächelt. Ruhe in Frieden, Günther. Eines Tages werden wir beide unsere Fußballphilosophie in einer anderen Welt fortsetzen", so Wolfgang Kneib gegenüber der Neuen Westfälischen

Der öffentliche Trauergottesdienst findet am kommenden Donnerstag um 11:00 Uhr in der Nicolaikiche in der Bielefelder Altstadt statt. Die anschließende Beisetzung erfolgt im Anschluss im engeren Familienkreis.